Omnichannel verändert die Strukturen in der Organisation – 2. Teil des Gespräches mit Laure Frank

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Welche Rolle spielt die Logistik für ein erfolgreiches OC-Business? Welche Auswirkungen hat die OC-Entwicklung für die Logistik?

Uwe Quiede: Nicht erst seit Corona haben sich die Anforderungen an die Logistik stark verändert. Pakete und Packmengen werden kleiner, kürzere Lieferzeiten sind Pflicht. Dadurch sinkt die Produktivität, und es entsteht ein höherer Bedarf an Mitarbeitern, Arbeitsplätzen und Flächen. Automatisierte Fördersysteme und starr genutzte Flächen kommen schnell an ihre Grenzen. Es ist also wichtig abzuschätzen, wie sich die Bestellmengen und der Online-Anteil in den kommenden 5-10 Jahren entwickeln werden. Auf dieser Basis muss jeder Händler seine SCM-Strategie anpassen und die Logistik neu ausrichten. Hinzu kommt das ständig steigende Bewusstsein der Kunden für Nachhaltigkeit. Diese erfordert neue Konzepte für Transport und Verpackung, bietet aber auch die Möglichkeit, sich als Händler neu zu positionieren und neue Kundengruppen für sich zu gewinnen.

Laure Frank: Die Logistik spielt eine Schlüsselrolle für die Aufsetzung einer Vielfalt unterschiedlicher Omnichannel-Services. Dabei ist es extrem wichtig, dass die Logistik seine IT-Systeme in die Unternehmens-Architektur völlig integriert ist und einen End-to-End Datenfluss sicherstellt. Vor allem der Bereich Stock Management und Stock Visibility sind von zentraler Bedeutung. Ein gemeinsamer Bestand für alle Vertriebskanäle ist ein klarer Vorteil, so können alle Kanäle auf die Bestände aller Lokationen (Lager, Filialen, Vertriebspartner) zugreifen und eine optimale Stock Rotation ist sichergestellt. Sie bietet den Kunden den Zugang auf das gesamte Sortiment, unabhängig vom Lagerort.

Wie verändert sich für die Organisationstruktur eines Händlers durch die Digitalisierung?

Uwe Quiede: Nicht nur die Logistik muss sich neu aufstellen. Im gesamten Unternehmen ist ein Umdenken erforderlich. Die Konsequenz ist eine Restrukturierung der Organisation. Digitalisierung und Omnichannel müssen in der Organisation verankert werden, und es muss eine Vertriebslinien-übergreifende Verantwortung auf C-Level etabliert werden. In Zukunft gibt es nicht mehr „die da, aus der Filiale“ oder „den da vom E-Shop“. Online und offline müssen an einem Strang ziehen, wenn sie einen individuellen Kunden optimal bedienen und begeistern wollen. Weiterhin wird es neue Rollen und Anforderungen an die Mitarbeiter geben. Dadurch ist auch Human Resources von den neuen Herausforderungen betroffen.

Laure Frank: Die Digitalisierung bringt viele Herausforderungen für die Organisationsstruktur eines brick&mortar Händlers mit sich. Wichtig dabei ist, die verschiedenen Entwicklungsetappen der Digitalisierung zu identifizieren und die passende Organisation zu jeder Phase aufzusetzen. Es ist wichtig zu verstehen, dass es ein evolutiver und dynamischer Prozess ist, und dass die Organisation sich laufend weiterentwickeln muss. Darüber sollten die Mitarbeiter offen informiert werden: Die Digitalisierung des Unternehmens erfordert eine agile Weiterentwicklung der Organisationsstruktur, für dessen Erfolg der Mindset eine Schlüsselrolle spielen wird.

Welche sind die häufigsten Fehler, die dazu führen, Kunden und Marktanteile zu verlieren?

Uwe Quiede: Es bedarf vor tiefgreifenden Veränderungen einer Strategie, wie ein Händler in 5 – 10 Jahren aufgestellt sein will und wo er dann stehen will. Dies ist ein langwieriger und zeitintensiver Prozess. Viele scheuen diesen Prozess allerdings, verfallen in Aktionismus und machen etwas, worüber sie gelesen haben oder kopieren einfach den Wettbewerb. Dieses Vorgehen ist ohne strategischen Ansatz nur selten erfolgreich. Weiterhin denken und organisieren sich viele Unternehmen immer noch in Silos. Jeder Vertriebskanal hat eigenen Verantwortlichkeiten, organisiert eigene Marketingaktionen und beschafft vielleicht sogar eigene Sortimente und Bestände. Dies ist eine Einstellung, die nicht zu den Vorstellungen der Kunden passt. Irgendwann ergeben sich dadurch Probleme für den Händler, da der Kunde die Auswirkungen dieser Denkweise weder versteht noch akzeptiert.

Laure Frank: Der Mangel an Fokus und die „Angst“ Fehler zu machen ist bei vielen Händlern immer noch tief verankert. Um erfolgreich zu sein, muss man den Mut haben, etwas zu riskieren und auch Fehler zu machen. Das bedeutet auch, dass man aktiv an die Reduzierung der „Failure costs“ arbeiten sollte. Das aktuelle VUCA-Umfeld, in dem wir uns heute bewegen, erfordert ein hohes Maß an Agilität mit ständigem Testen und Lernen, Verbessern, nochmals Testen, usw. Es braucht den Mut, die richtigen Fragen zu stellen, die relevanten KPIs zu analysieren, diese zu interpretieren und entsprechende Handlungsfelder zu definieren.

Die Misserfolge führen oft dazu, dass man den Fokus verliert. Es ist dann einfacher wegzuschauen und ein neues Thema anzugehen, anstatt darauf zu bauen. Ohne Fokus wird man auch seine Ziele nicht erreichen können.

Ich bedanke mich recht herzlich bei Laure für das offene und interessante Gespräch.

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