Fängt die Digitalisierung fehlende Beratungskompetenz auf?

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Auch wenn digitale Touchpoints im Handel immer beliebter werden, so wünschen sich viele Kunden nach wie vor persönliche Beratung, und das aus unterschiedlichen Gründen:

  • Produkte können nur schwer durch digitale Informationen erläutert werden oder erfordern eine emotionale Ansprache
  • BeraterInnen können in der Interaktion individueller auf Kundenwünsche eingehen
  • Menschen mögen den persönlichen und sozialen Kontakt
  • Bei einer Outfit-Zusammenstellung ist die persönliche Begleitung eines Beraters/einer Beraterin durch die Filiale hilfreich und angenehm für den Kunden
  • Noch nicht alle Kunden sind einem Chatbot gegenüber aufgeschlossen

Dies trifft selbstverständlich nicht auf alle Sortimente, Marken und Formate zu, aber es gibt noch ausreichend Umsatzpotenzial, das durch gute persönliche Beratung gehoben werden kann.

Die Antwort auf die Frage: „Ersetzt die Digitalisierung fehlende Beratungskompetenz?“ lautet wie so oft: „Jein“.

Schauen wir uns zunächst an, was in der heutigen Zeit eine gute Beraterin und einen guten Berater ausmacht?

Neben den persönlichen Skills, Empathie und Warenkenntnis hat die gute Beraterin/der gute Berater im Zeitalter des Convenience Shopping alle Informationen zur Hand, um die KundInnen zu (er-)kennen, ihr/ihm alle Fragen während seiner Shoppingtour beantworten zu können und ihr und ihm seine persönliche Customer Journey zu ermöglichen. Ergänzend gehört dazu das umfassende Angebot von Services.

Ich beschreibe im Folgenden die wichtigsten Informations- und Service-Cluster. Eingeleitet werden sie jeweils mit einem passenden Kunden-Statement.

Kenntnis der Kundenprofile und der Kundenpräferenzen

„Es gibt für mich nichts Angenehmeres als von der Beraterin/vom Berater verstanden zu werden. Darum ist es wichtig, dass ich mich nicht lang und breit erklären muss, sondern sie/er weiß, welche Größe ich trage und wie ich mich gerne kleide. Das vereinfacht es uns beiden, zügig die richtigen Produkte zu finden, damit ich nicht genervt bin. Ich möchte nicht, dass die Beraterin/der Berater unendlich viele Teile hervorzaubern muss, bis ich endlich eines gefunden habe, das zu mir passt.“

Die Lösung: Die Beraterin/der Berater hat alle kundenspezifischen Informationen auf einem mobilen Device dabei wie bevorzugte Größe und Style, bisher gekaufte Artikel und Artikel, die die Kundin/der Kunde sich zuvor im Webshop angesehen und vielleicht sogar in eine Wunschliste gelegt hat.

Umfangreiche Produkt- und Verfügbarkeitsinformation

„Ein Produkt gefällt mit besonders, aber ich möchte mehr über das Produkt erfahren als nur Größe, Farbe und Pflegehinweise. Mich interessiert, wo es hergestellt und ob es fair gehandelt wurde und zu welchem Anlass ich es tragen kann. Wenn alles passt bin ich sogar bereit, mehr für das Produkt zu zahlen, als ich eigentlich ausgeben wollte.“

Die Lösung: Ware und Warenetiketten beinhalten i.d.R. nur rudimentäre Produktinformationen. Nutzt man jedoch alle Informationen des Webshops und reichert diese um Marketing-Informationen und -Material an, so können der Kundin und dem Kunden weitaus mehr Informationen angezeigt werden. Die Beraterin/der Berater liefert der Kundin/dem Kunden ein völlig anderes und wesentlich emotionaleres Produkterlebnis.

Tätigen von Zusatzkäufen

„Ich habe die Absicht ein bestimmtes Produkt zu kaufen, bin aber offen für weitere Käufe, wenn ich etwas finde, das zum gewählten Produkt passt und meinen Style unterstreicht.“

Die Lösung: Durch das Bilden von Looks oder Outfits, die im System hinterlegt sind, oder durch Likes kann die Beraterin/der Berater der Kundin und dem Kunden weitere Produkte anbieten und auch Produkte empfehlen, die in der Filiale nicht zur Verfügung stehen. Dies ermöglicht es, den Wert des Warenkorbes zu erhöhen.

Mobiler Bezahlvorgang

„Ich möchte mit den ausgewählten Artikeln sofort nach Hause gehen und sie meiner Frau zeigen.“

Der bis hierhin beschriebene Teil der analog-digitalen Customer Journey erfährt bei den meisten Händlern an dieser Stelle einen Medien- und für den Kunden einen Stimmungsbruch. Denn nachdem die Kundin/der Kunde bis jetzt eine angenehme und spannende Beratung erfahren hat, muss sie/er sich in den meisten Fällen nun zu einer Kasse begeben und dort anstellen, um ihre/seine Ware zu kaufen. Untersuchungen haben ergeben, dass die Motivation ein Produkt zu kaufen mit jeder Minute nach der Entscheidung um 50% sinkt. Dies führt dazu, dass Kunden nach der Kaufentscheidung zum Teil die Ware zurücklassen, weil sie der gesamte „Bezahlvorgang“ stört und er ihnen zu lange dauert. Abhilfe schafft hier die Integration der Bezahlung in den Beratungsprozess. Auch hierzu kann das Tablet, das die Beraterin/der Berater während der Beratung nutzt, dienen. Nun muss nur noch eine Lösung eingesetzt werden, die es ermöglicht, die Kleiderbügel und ggf. eine Warensicherung zu entfernen und zu sammeln (was mit RFID übrigens nicht mehr erforderlich wäre). Ich gehe davon aus, dass hier bald Lösungen im Markt verfügbar sind, die man zum Beispiel als Servicewagen in die Nähe der Umkleidekabinen platzieren kann, um den Kunden zu ermöglichen, die Ware direkt nach der Anprobe zu bezahlen und mitzunehmen.

Auswahl der Lieferoption

„Ich habe nach meinem Einkauf noch eine Verabredung und möchte die Ware nicht direkt mitnehmen. Am liebsten wäre es mir, wenn sie morgen früh zu mir nach Hause gebracht wird“.

Die Lösung: Die Lieferung von Ware aus einer Filiale zu einer Kundin/einem Kunden oder einem anderen beliebigen Ort praktizieren heute bereits viele Händler für Click&Colect-Aufträge. Diesen Prozess kann man auch für vor Ort gekaufte Ware nutzen. Die Auswahl der Zustellung kann dann im Bezahlprozess ausgewählt werden. Erforderliche Belege werden als E-Mail versandt, sodass kein Drucker auf der Fläche erforderlich ist.

Vereinbarung eines Termins für eine persönliche Beratung

„Leider ist heute meine Lieblingsberaterin nicht da. Also komme ich ein anderes Mal wieder und vereinbare direkt hier in der Filiale einen persönlichen Beratungstermin mit ihr.“

Die Lösung: Die Beraterin/der Berater hat mit dem digitalen Beratungsassistenten Einsicht in die Personaleinsatzplanung. Hier sind die Einsatzzeiten der Mitarbeiter/Innen und alle bereits festgelegten Kundentermine hinterlegt. Die Beraterin/der Berater kann eine freie Zeit für den Termin mit der Kundin/dem Kunden auswählen. Die entsprechende Beraterin/der Berater erhält anschließend eine E-Mail mit einer Termineinladung.

Die meisten dieser Informationen stehen den Händlern heute bereits in unterschiedlichen Systemen zur Verfügung. Ziel ist, diese in einer Anwendung zusammenzuführen, mobil verfügbar zu machen und sie in eine App zu integrieren, die leicht bedienbar ist und Spaß macht. Somit ist die Beraterin/der Berater in der Lage den Kunden nicht nur mit seinen persönlichen Kompetenzen, sondern allen Informationen zu versorgen, die den Kunden das Einkaufen zu einem Erlebnis machen. Ein zusätzliches Feature ist die Möglichkeit, den Tablet-Screen auf einen großen Bildschirm zu übertragen. Dann macht das Beraten und „Beraten werden“ noch mehr Spaß.

Egal, ob digital oder analog – entscheidend ist, dass Kunden die Beratung erhalten, die sie wünschen. Digitalisierung wird nicht immer das persönliche Beratungsgespräch ersetzen können und persönliche Beratung ohne digitale Unterstützung wird in Zukunft nicht mehr funktionieren.

Der digitale Beratungsassistent eröffnet den Beraterinnen und Beratern auf der Fläche neue Möglichkeiten, die Kundinnen und Kunden optimal zu bedienen, dass sie ein einzigartiges Einkaufserlebnis haben. Denn dann sind KundInnen und BeraterInnen zufrieden.

Wie Sie Ihnen optimalen Beratungsassistenten finden, erläutere ich Ihnen hier.